Überführung des Tesla Roadsters
von Hethel nach Erfurt
Der Entschluss war gefasst. Mein neuer Tesla Roadstersoll persönlich in England abgeholt werden. Nach langem Studium von Karten,
Berechnung von Routen und Alternativen mit Hilfe von Google und mit
freundlicher Unterstützung von Mitarbeitern des Tesla Stores in München wurde
der Routenverlauf festgelegt und die Details der Abholung vereinbart. Flüge,
Hotel und Fähre wurden gebucht, die letzten Absprachen wurden getroffen.
Am 17.11., Mittwochabend ging es mit Begleiter
im Flieger von Paderborn nach London-Stansted, der verkehrsgünstig zu Hethel liegt.
Dort wird bei Lotus der Tesla gebaut. Am nächsten Morgen holte uns ein Mitarbeiter
von Tesla Motors ab und brachte uns zunächst nach Wymondham. Dort betreibt
Tesla Motors ein kleines Logistikcenter, wo unser Tesla Roadster, gemeinsam mit
weiteren seiner Art, bereits abholbereit
auf uns wartete.
Aber zunächst stand eine Werksbesichtigung
von Lotus an, wo auch der Tesla Roadster montiert wird. Für den europäischen
Raum wird hier der Roadster mit Motor, Motorsteuerung und Batterie komplett
gefertigt. Die USA-Modelle gehen ohne diese Komponenten zur Komplettierung per
Luftfracht in die USA. Bei Lotus konnten wir auch die Entstehung des Lotus
Elise und des Evora miterleben.
Bei einem kleinen Lunch konnten die ersten
Eindrücke verarbeitet werden. Gestärkt und etwas aufgeregt ging es zurück zu
Tesla Motors, um „meinen“ gelben Renner zu übernehmen. Die deutschen
Nummernschilder waren bereits angebracht, die Winterreifen aufgezogen und der
Stromspeicher voll geladen.
Am frühen Nachmittag ging es endlich los.
Trotz des ungewohnten Linksverkehrs und den vielen Roundabouts (Kreisverkehrs) war
die Fahrstrecke von ca. 130km nach Harwich schnell zurückgelegt, ohne die
Batterie nennenswert zu belasten. Der Verbrauch lag nach Angabe des
Bordcomputers bei ca. 180Wh/km.
Die erst im Juni in Dienst gestellte Fähre
entpuppte sich im Innern mehr als Kreuzfahrtschiff mit sehr komfortablen
Kabinen. Auch der Tesla war auf dem Deck in seiner Nische gut untergebracht und
durfte die entnommenen 20kWh aus einer 230V/16A/60Hz Steckdose während der
Überfahrt ersetzen. Die alternativ angebotene 400V/32A Drehstromsteckdose wurde
vom Ladeadapter nicht erkannt und konnte somit nicht genutzt werden.
Möglicherweise war die Netzfrequenz von 60Hz das Problem.
Nach dem auf Einladung der Stena-Line im
Bordrestaurant servierten 3-Gänge Menüs konnten wir die Comfort-Kajüten zur
Nachtruhe aufsuchen. Am nächsten Morgen wurde gleich nach Freigabe des Decks der
Ladestatus des Roadsters überprüft. Das Laden war bereits erfolgreich beendet.
Leider wurde bei Ladebeginn mangels Erfahrung vergessen, den Range-Mode
auszuwählen, was etwa 10% weniger verfügbare Kapazität bedeutete.
Also dann los Richtung Deutschland. Durch den
morgendlichen Stau um Rotterdam herum konnte zum ersten Mal entspannt das Stop
und Go durchgestanden werden, wohlwissend, das wir keine Schadstoffe mehr
ausstoßen und beim Stop auch keine Energie „verbrennen“. Auch die niedrigen
Geschwindigkeiten störten uns erst mal nicht weiter, da dadurch sehr
energieeffizient gefahren wurde.
Richtig spannend wurde es erst mit dem
Erreichen des Ring um Eindhoven. Obwohl wir vom Tesla Sales Manger der Benelux,
Herrn Rogier Kroymans vor den unübersichtlichen Umbauten des Autobahnrings der
A2 um Eindhoven herum gewarnt worden waren, wurde die Ausfahrt zur N2
Randstraat verpasst. Wir konnten erst nach weiteren 10km umdrehen. Das kostete
glatt mal 20km an Reichweite.
Aber es war alles von Herr Kroymans
vorbereitet und wir konnten den Roadster an einer 400V/32A Drehstromsteckdose
etwa 2 Stunden nachladen.
Frisch gestärkt mit einigen Kaffees nebst
Keksen im Tesla Stores von Herrn Kroymans und nach der Besichtigung von einigen
ausgestellten Oldtimern u.a. auch einem Jaguar XJ220, ging es weiter durch das
Ruhrgebiet nach Paderborn, eine Etappe über 260km. Leider kamen wir auch auf
dem stark befahrenden Ruhrschnellweg sehr zäh voran. So erreichten wir das
Wincor Forum Paderborn, wo man ein erstes Treffen mit einem örtlichen
Wirtschaftsforum vereinbart hatte, mit einiger Verspätung und einer geringen
Restreichweite von vielleicht nur noch 20km. Genauere Werte konnten wir dem
System nicht entlocken. Viele Interessierte waren gekommen, um das elektrische
Wunderfahrzeug zu bestaunen und um Fragen rund um das Fahrzeug zu stellen.
Ebenfalls anwesend war ein Artega Sportwagen, von dem gerade vom
Frauenhofer-Institut 2 Fahrzeuge auf Elektroantrieb mit unterschiedlichem
Konzept umgebaut werden.
In der heimischen Garage meines Begleiters
konnte dann endlich wieder geladen werden. Mit Strom für das Auto und Pizza und
Rotwein für uns klang dann der Abend aus.
Am nächsten Tag stand ein Besuch der
Lehrlingswerkstätten des Automobilzulieferes Benteler International AG an. Dort
werden junge Menschen an die Ausbildungsreife herangeführt. Die Jugendlichen
waren vom Tesla Roadster begeistert jeder wollte einmal im Cockpit Platz
nehmen.
Die letzte Etappe nach Münnerstadt wurde am Abend
angetreten, nachdem die Batterie nur auf ca. 75% aufgeladen werden konnte. Die
260km wurden bei 90km/h in 3.5h zurückgelegt. Leider fehlten die Tags zuvor
genutzte Möglichkeit, im Windschatten großer Trucks Energie zu sparen. So wurde
die heimische Garage auch mit unter 20km Restreichweite erreicht. Die erste
Aufladung erfolgte dann mit 400V/32A. Innerhalb von 8 Stunden wurde die
Batterie nur im Standartmodus geladen. Die Fahrt nach Erfurt mit Umweg über
Schweinfurt wurde bei 130km/h Höchstgeschwindigkeit bei erstem Schnee in der
Rhön nach 160km erreicht, ohne dass auf die Reichweitenreserve des Rangemodus
zurückgegriffen werden musste.
Erstes Resümee
Es ist ein erstaunlich ausgereiftes Fahrzeug
mit fantastischem Beschleunigungsvermögen. Allerdings erfordern lange Strecken
eine sorgfältige Planung und möglicherweise auch lange Ladeaufenthalte. Im
Bereich bis zu 150km lässt sich der Roadster ohne Einschränkungen wie ein
normales Auto nutzen, ohne groß auf den Ladestatus der Batterie achten zu
müssen. Auf der Kurzstrecke muss man sich keine Beschränkungen auferlegen. Das
enorme Beschleunigungsvermögen kann man jederzeit voll auskosten, und über
Nacht kann wieder voll aufladen werden.
Das einzig wirkliche Haar in der Suppe ist
die Beschränkung beim Laden auf einphasigen Wechselstrom mit max. 240V. Dies
ist wohl der Tatsache geschuldet, dass in Amerika Drehstrom kaum verbreitet ist
und meist nur einphasigen Wechselstrom mit nur 110V aber bis zu 70A verfügbar
ist. Weiß man aber, dass der vom Antriebsmotor beim Rekuperieren erzeugte
Drehstrom mit bis zu 40kW Leistung in die Batterie zurückgespeist wird, ist
dies noch unverständlicher. Bleibt nur die Hoffnung, dass dies für das Modell S
geändert wird, zudem dort die höheren Batteriekapazitäten, man spricht von bis
zu 100kWh, dies schon fast zwingend verlangen. Mit anderer Ladetechnik könnte
man bei 400V/32A immerhin mit 22kW laden. Damit wäre mein Tesla Roadster nach rund
2,5h voll geladen.
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